Von Dr. Markus Contzen
Die Zollpläne des Donald Trump waren noch keine 24 Stunden in der Welt – da geisterte hierzulande bereits das böse Wort von der „Import- und Exportkrise“ durch die Arena. Krise? Damit ist eine Situation gemeint, in der der heimische Markt von billigen Einfuhren geradezu überschwemmt wird und der Export durch Zölle erschwert wird. Die deutsche Stahlindustrie erlebte dies zuletzt 2015, als der Preis für Warmband auf ein Rekordtief fiel. Ursache waren Dumpingpreise aus China. Die aktuellen Fragen sind:
- Wiederholt sich diese Geschichte nun? Und wenn ja, was wären die Folgen, nicht nur für die deutsche Stahlindustrie, sondern auch für andere Branchen wie z.B. den Maschinen- und Anlagenbau? Vor allem aber:
- Kommt es darüber hinaus schlimmer und ist auch der Export betroffen? Falls sich der Zollstreit zwischen den USA und China zu einem globalen Handelskrieg ausweiten sollte, was angesichts der jüngsten Eskalationen ja alles andere als ausgeschlossen erscheint – wie können sich deutsche Maschinen- und Anlagenbauer wappnen?
Hohe Risiken für den Maschinen- und Anlagenbau
Natürlich kennen Handelsstreitigkeiten wie die aktuelle Auseinandersetzung zwischen den USA und China immer auch Gewinner. Hiesige Abnehmer von Stahl werden zumindest kurzfristig auch dazugehören, falls die Preise tatsächlich auf breiter Flur sinken sollten.
Jedoch: Die volkswirtschaftlichen Risiken sind gewaltig. Besonders dann, wenn eine Spirale immer neuer Zollmaßnahmen einsetzen sollte, die dann unweigerlich immer mehr Länder und immer mehr Branchen treffen wird.
Die deutsche Wirtschaft mit ihrer erheblichen internationalen Vernetzung wäre dann der natürliche Leidtragende. Nehmen wir zum Beispiel den Maschinenbau, der ja so etwas wie die deutsche Vorzeigebranche ist (zumal seit die hiesige Autoindustrie um ihre einst unangefochtene Stellung bangen muss): Seit Jahren verkaufen die Maschinenbauer mindestens drei Viertel ihrer Produkte ins Ausland. Viel mehr Verwundbarkeit geht kaum. Dabei zeigte sich zuletzt bereits, dass das Wachstum in erster Linie aus dem europäischen Ausland kam (+3,4% in 2016) – während der Absatz in die USA (-2,9%) und vor allem nach China (-9,3%) merklich zurückging.
Spekulation auf sinkende Aktienkurse deutscher Unternehmen
Wie werden sich diese Werte erst entwickeln, wenn Washington und Peking tatsächlich in eine lang anhaltende Periode des Protektionismus einschwenken? Es handelt sich ja nicht um einen Zufall, wenn der US-Hedgefonds Bridgewater seit Wochen massiv auf sinkende Aktienkurse bei verschiedenen großen deutschen Unternehmen setzt. Das ist keine blinde Attacke. Sondern eine kalkulierte Wette auf eine Eskalation des internationalen Handelsstreits – und darauf, dass Deutschland in diesem Fall am meisten zu verlieren hat.
Fünf Strategien für den Maschinen- und Anlagenbauer
Natürlich liegt die Verantwortung für die Lösung des Konflikts in erster Linie bei der Politik. Das entbindet die deutsche Industrie allerdings nicht vor ihrer eigenen Verantwortung – nämlich vorzusorgen für den Fall, dass die Politik versagen sollte. Fünf Strategien für den deutschen Maschinen- und Anlagenbauer:
- Überprüfung und Neuausrichtung der Absatzmärkte und der aktuellen Projektpipeline gehört auf die Agenda der Vorstände
- International aufgestellte Unternehmen sorgen vor und flexibilisieren die Kapazitäten in ihren Werken, um gegebenenfalls die Produktion an Standorten in den USA und China hochzufahren
- Die eigenen Lieferketten sind zu überprüfen und lokalen Content zu identifizieren und zu stärken
- Es ist an der Zeit, sich über mögliche Akquisitionen oder wenigstens Partnerschaften in den USA und China Gedanken zu machen
- Noch eine wichtige Strategie: Die (Fix-) Kosten gehören auf den Prüfstand, um einen möglichen Absatzrückgang besser abfedern zu können.
Und wann? Wenn ein Unternehmen die Punkte nicht längst schon abgearbeitet hat, dann wird es höchste Zeit. Morgen könnte es zu spät sein.